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GRUBEN-KALLE
steht auf

Heute morgen bin ich wohl mit dem falschen Bein aufgestanden. Ich weiß, daß meine beiden Beine echt sind. Aber man sagt das halt so. Das mit dem „falschen Bein". Ist so eine Redensart. Ich bin dann zum Kühlschrank gegangen. Ich habe den Kühlschrank aufgemacht, kurz hineingehustet und ihn wieder zugemacht. Doofe Erkältung. Zum Frühstück beschmierte ich mir eine Semmel mit alter Leberwurst. Man soll alte Leberwurst eigentlich nicht essen. Mit schmeckt alte Leberwurst auch gar nicht. Überhaupt nicht. Aber die mußte weg. Ich wollte sie nicht wegschmeißen, befürchtete wohl Gewissenskonflikte. Ich habe auch keinen Hund, dem ich sie hätte geben können. Außerdem verstehe ich nicht, wieso man überhaupt Hunden alte Essensreste geben sollte. Wieso sollte dem armen Hund meine alte Leberwurst besser schmecken als mir? Aber was so in den Hundefutterdosen drin ist, ist vielleicht auch nicht besser als alte Leberwurst. Wer weiß schon, was in solchen Dosen drin ist? Ich jedenfalls nicht. Ich habe ja auch keinen Hund. Ich muß das ja nicht wissen. Ich möchte auch keinen Hund haben. Hunde bellen. Wenn ein Hund einen anderen sieht, fangen beide Hunde sofort an zu bellen! Das ist nicht komisch. Das ist lästig. Die Hunde sind beide angeleint, und trotzdem bellen die! Wenn man mich anleinen würde und ich auf einen anderen angeleinten Menschen treffen würde, würde ich auch nicht anfangen zu bellen. Oder laut zu rufen. Menschen können ja nicht so gut bellen. Gut, das war vielleicht ein ungünstiges Beispiel. Jedenfalls mag ich keine Hunde. Aber manchmal bewundere ich sie. Wenn ich einen laut bellenden Hund höre, frage ich mich, ob diese Tiere nicht auch einmal einen entzündeten Rachen bekommen. Und wenn ja: Lutschen die dann auch Bonbons? Und wenn ja: Welche? Das würde mich interessieren... Nach der Semmel bin ich dann zum Bäcker gegangen, frischen Nachschub holen, für morgen früh. Ich mache das jeden Morgen falsch. Ich esse erst das alte Zeug von gestern und hole dann frische Semmeln. Und jeden Morgen denke ich, wie schön es doch gewesen wäre, einmal eine frische Semmel zu essen. Ich traue mich nicht, erst zum Bäcker zu gehen und dann erst zu frühstücken. Meine Mutter hat immer gesagt, daß man nicht mit leerem Magen aus dem Haus gehen sollte. Ich finde, sie hat recht. Jeder, der morgens aus dem Haus geht, sollte etwas gegessen haben. Aber wie ist es eigentlich mit den Gehbehinderten? Sollte man auch, wenn man auf einen Rollstuhl angewiesen ist, etwas essen, bevor man aus dem Haus „rollt"? Ich denke ja. Ich bin eigentlich sehr froh, daß ich nicht im Rollstuhl sitzen muß. Ich bin heute morgen vielleicht mit dem falschen Bein aufgestanden, aber es gibt Menschen, die haben noch nicht einmal falsche Beine. Die Redewendung „mit dem falschen Bein aufstehen" finden Gehbehinderte mit Sicherheit nicht witzig oder zumindest unangebracht. Ich mag keine alte Leberwurst, aber die mußte weg!


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